Arzneimittel im Trinkwasser – Gefährliche Rückstände vermeiden

Mehr als 30.000 Tonnen Medikamente werden jährlich in Deutschland verteilt. Tendenz steigend. Doch die Wirkung beschränkt sich nicht auf den menschlichen Körper. Denn weil pharmazeutische Wirkstoffe in Abwasserkläranlagen kaum zurück gehalten werden, verursachen sie zunehmend Umweltprobleme. Jährlich gelangen Hunderte Tonnen in Gewässer, Böden und zum Teil ins Grundwasser. In einigen Regionen finden sich Arzneiwirkstoffe sogar im Trinkwasser.

Während die Zurückbehaltung durch Aufbereitung beispielsweise an Abwasserausgängen an Krankenhäusern oder bei Arztpraxen möglich wäre, greift diese Lösung in der Regel zu kurz. Die Masse kommt durch Ausscheidungen in Privathäusern in die öffentlichen Kläranlagen. Zusätzliche Klärwerkstechnik könnte helfen. Doch während eine vierte Reinigungsstufe in der Schweiz für alle größeren Kläranlagen politisch beschlossene Sache ist, zögert man in Deutschland wegen der Kosten. Die zumeist öffentlichen Anlagenbetreiber scheuen die Gebührensteigerungen.

Arzneimittel-Entwicklung mit Schadensbremse
Wie immer ist es am besten, die Produktion der Medikamente umzustellen und die Gefährlichkeit der Arzneimittel-Rückstände somit zu vermeiden. So ließe sich bei der Medikamentenentwicklung die biologische Abbaubarkeit eines Wirkstoffs gleich mit einzubeziehen. Aber es ist zu wenig über das Auftreten und das Schicksal der Wirkstoffe von Arzneimitteln nach der Einnahme oder unsachgemäß entsorgten Pharmazeutika bekannt. Metabolisierung durch Mikroorganismen, Tiere und Pflanzen, Reaktion mit Sauerstoff und anderen Wasserinhaltsstoffen oder Umbau durch Licht können die Ausgangsstoffe so verändern, dass sich die Toxizität und das Verhalten in der Umwelt der Substanzen verändern kann und damit auch die Trinkwasserressourcen beeinträchtigt werden können. Denn Mikroverunreinigungen durch Pharmazeutika, insbesondere Antibiotika, werden mittlerweile als Risiko für die Wasserqualität und fürneue Umwelt wahrgenommen.

Eine Entwicklung in die richtige Richtung, zeigen erste Forschungsarbeiten an der Leuphana-Universität Lüneburg. Moderne computergestützte Verfahren aus dem Bereich der Chemie-Informatik helfen dabei, die Eigenschaften dieser oft völlig uncharakterisierten Moleküle einzuschätzen. Dieses Wissen ermöglicht einerseits eine bessere Abschätzung der möglichen Risiken der Einträge von Arzneimittelwirkstoffen und der aus ihnen gebildeten Produkte. Andererseits kann dieses Wissen für die Entwicklung neuer Wirkstoffe genutzt werden, um langfristig die Risiken, die mit dem Eintrag dieser Stoffe in die Umwelt verbunden sind, zu reduzieren. Im Idealfall führt also die Integration von Umweltaspekten zu einer Verbesserung der Medikamente. So wird erreicht, dass diese verbesserten Medikamente auch kommerziell interessant werden.

Am 22. September 2013 um 16.30 Uhr berichtet der Deutschlandfunk über dieses Thema in der Sendung „Schmerzmittel im Trinkwasser„.

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